* 29. Mai 1897
† 29. November 1957
von Susanne Rode-Breymann
Essay
Es sind drei zentrale kompositorische Aspekte, an deren intuitiver Beherrschung in den frühesten Kompositionen Korngolds das Staunen über das Wunderkind sich entzündete: Erstens die motivisch-thematische Arbeit, das heißt Korngolds „Sinn für motivisches und thematisches Weiterführen, Entwickeln, Fortspinnen, Umbilden der Grundgedanken“ (J.Korngold 1991, 137); zweitens die Orchestrierungskünste, das heißt Korngolds „koloristische Phantasie“ (Bekker 1909/10, 263), aus der heraus er rasch eine enorme Farbigkeit der Klangpalette entfaltete; drittens das Charakterisierungsvermögen, welches sich in der „dramatischen Anschaulichkeit“ (Bekker 1909/10, 263) der Ballettpantomime Der Schneemann (1908/09) oder in der „Prägnanz der karikaturistischen Kontur“ (Specht 1926/27, 327) der Klavierstücke Don Quixote (1907/09) erwies. Auf dem Wege seiner Auseinandersetzung mit diesen drei Aspekten formierte sich im ersten Jahrzehnt seines Schaffens Korngolds kompositorisches Denken, und aus dem Fundus der im Zuge dieser Auseinandersetzung gefundenen Lösungen schöpfte Korngold späterhin in so verschiedenen Genres wie dem der Oper, der Filmmusik oder der Kammermusik.
Angeregt durch den dramatischen Funktionszusammenhang, stellte Korngold ein voll ausgeprägtes Charakterisierungsvermögen in Viel Lärm um Nichts Nr. 11 (1918/20) unter Beweis: Diese Schauspielmusik hatte die Neue Wiener Bühne bei ihm bestellt, dann an das Burgtheater abgetreten, welches Shakespeares Komödie im Schönbrunner Schloßtheater mit unerwartetem Erfolg ...